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Zwei Jahre „Freie Netze. Freies Wissen.“

_ Zwischenbilanz zwei Jahre nach der Veröffentlichung von „Freie Netze. Freies Wissen.“ – von Leonhard Dobusch und Christian Forsterleitner 

Seit 1. Jänner 2009 ist Linz Kulturhauptstadt Europas. Bereits vor zwei Jahren ist zu diesem Anlass der Band „Freie Netze. Freies Wissen.“ erschienen und gleichzeitig auch diese Homepage online gegangen. Zeit, Zwischenbilanz zu ziehen. Damals wie heute woll(t)en wir vor allem drei Ziele verfolgen, denen auch die Dreiteilung der Kapitel in Text, Interviews und Projektvorschläge entspricht:

  1. Speaking to the (not yet) converted: Hauptziel von “Freie Netze. Freies Wissen.” war und ist es, Menschen zu erreichen, die mit den Hintergründen von freiem Wissen, freier Software, freien Lizenzen und freien Inhalten noch nicht völlig vertraut sind. Deshalb die einführenden Texte in den neun Kapiteln, deshalb der Versuch einfach und verständlich zu formulieren, deshalb das umfassende Glossar.
  2. Abstrakten Themen Gesichter geben: Vieles rund um freie Netze und freies Wissen ist wenig anschaulich, Projekte wie Wikipedia sind so hilfreich wie anonym. In Interviews mit Menschen wie Lawrence Lessig (Kapitel 2) oder Volker Grassmuck (Kapitel 9) wollten wir den zahlreichen Initiativen und Themen Gesichter geben, Menschen hinter den Projekten zu Wort kommen lassen.
  3. Konkrete und kommunale Vorschläge machen: Die Projektvorschlage am Ende jeden Kapitels sollten zeigen, dass trotz des globalen Charakters der Themen lokales Handeln möglich und gefragt ist. Außerdem wollten wir damit auch ein Umdenken und Handeln in unserer Heimatstadt Linz anregen.

Hinsichtlich der ersten beiden Ziele wollen wir uns selbst kein Urteil anmaßen, verweisen im folgenden aber kurz auf die Rezeption des Bandes in Print- und Onlinemedien. Danach liefern wir einen kurze Überblick betreffend die verschiedenen Projektvorschläge. Beides ist ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Rezeption

Am meisten Resonanz und Zuspruch hat „Freie Netze. Freies Wissen.“ in der Blogosphäre erfahren. Von kurzen Erwähnungen (z.B. phlow.net, schockwellenreiter.de, histnet) über Empfehlungen (z.B. musikdieb.de, antischokke, meinparteibuch, digital:meditation, kakanien, maikatze, iloveklimawandel) bis hin zu ausführlichen Einträgen (z.B. keimform, datenschmutz.net) reicht die Bandbreite. Besonders gefreut haben uns aber auch die positive Buchbesprechung im c’t-Magazin (Ausgabe 08/2007, leider nur gegen Bezahlung online verfügbar), die Berichterstattung der ORF-Futurezone, die Besprechungen auf politik-digital.de und in at.venture (PDF) sowie mehrere Beiträge von ORF-Oberösterreich. Klarerweise gab es auch eher kritische Würdigungen wie durch Aileen Derieg auf servus.at, auf derstandard.at sowie durch Stefan Weber in Telepolis (vgl. zu letzterem eine kurze Replik).

Vereinzelt wurde von den Möglichkeiten der CC-Lizenzierung des Bands Gebrauch gemacht und das ganze Buch (z.B. gedankenhabitat, olsrexperiment) gehostet oder Auszüge davon (z.B. blog.podcast.de ) wiederverwertet.

Abgesehen von der schriftlichen Rezeption wurde das Buch oder einzelne Projekte daraus auch bei verschiedenen Anlässen präsentiert, unter anderem beim Webmontag im Berliner newthinking store, im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung im Wiener net.culture.space , im Hauptprogramm der Ars Electronica 2008, sowie im Rahmen der Radio Fro Mediadays 2008.

Projekte

Hinsichtlich der vorgeschlagenen Projekte zeigt sich ein prinzipiell positives Bild mit einigen Schönheitsfehlern: Zumindest in Linz hat „Freie Netze. Freies Wissen.“ dazu geführt, dass sich eine Reihe von Menschen in unterschiedlichen Bereichen (größtenteils: erstmalig) mit dem Themenfeld auseinandergesetzt haben. Als erstes konkretes Ergebnis gab es kürzlich zu vermelden, dass seit Jahresbeginn die Kulturförderung bei Nutzung von freien Lizenzen einen Bonus in Höhe von 10 Prozent vorsieht (vgl. „Zusätzliche Förderung für Nutzung freier Lizenzen ab 01.01.2009″).

Am spannendsten ist aber sicherlich eine Arbeitsgruppe mit Mitgliedern der städtischen IT-Abteilung, des Wissensturms (Bibliothek & Volkshochschule) und einigen AutorInnen von „Freie Netze. Freies Wissen.“, die unter dem Titel „Wissensraum Linz“ versucht, mehrere Projekte gemeinsam und aufeinander bezogen voranzutreiben. In diesem Zusammenhang wurden im Linzer Gemeinderat auch zwei Anträge beschlossen, einer zum Thema Freie Software („Großraum Linz soll Open Source Region werden“) und einer zur Einrichtung eine Public Space Servers für freien Webspace als BürgerInnenrecht („Linzer Gemeinderat für Webspace als BürgerInnenrecht“). Schönheitsfehler dieser Entwicklung sind ihre bislang spärlichen Ergebnisse, so ist die Fertigstellung einer Machbarkeitsstudie zum Public Space Server inzwischen mehr als überfällig. Auch hinsichtlich einer Ausweitung der Internet-Grundversorgung hat sich in den letzten beiden Jahren abgesehen von der bereits zuvor geplanten Errichtung weiterer WLAN-Hotspots nichts getan.

Umso erfreulicher ist im Vergleich dazu die Entwicklung auf der Linzer Johannes Kepler-Universität: Die Einrichtung zumindest eines Master-Studiengangs der Webwissenschaften ist bereits auf Schiene ( „Webwissenschaften an der JKU in Planung [Update]“) und die HochschülerInnenschaft hat mittlerweile ein eigenes OpenCourseWare-Projekt unter ocw.oeh.jku.at gestartet.

Fazit

Dafür, dass erst zwei Jahre vergangen sind, ist seit dem Erscheinen von „Freie Netze. Freies Wissen.“ eine Menge passiert. Andererseits sind zwei Jahre im Internetzeitalter eine kleine Ewigkeit, ist manches im Buch nicht mehr aktuell und wäre im einen oder anderen Projekt mehr möglich gewesen. Aber vielleicht ist gerade das Kulturhauptstadt- und Wirtschaftskrisenjahr 2009 eine Möglichkeit, hier noch einmal neuen Schwung zu holen. Zumindest in Linz aber sind freie Netze und freies Wissen auf der Agenda. Auch in den kommenden zwei Jahren.

 

Zusätzliche Förderung für Nutzung freier Lizenzen ab 01.01.2009

_ Umsetzung des Gemeinderatsbeschlusses sieht „Belohnung“ für Wahl freier Lizenzen vor 

Nachdem der Linzer Gemeinderat bereits vor mehr als einem Jahr einstimmig per Antrag (PDF, vgl. “ Stadt Linz fordert und fördert freie Lizenzen„) die Abteilung „Linz Kultur“ mit der Überarbeitung ihrer Förderkriterien beauftragt hatte, um die erhöhte Förderwürdigkeit von (Kunst-)Werken zu berücksichtigen, die unter einer freien Lizenz veröffentlicht werden, treten diese erneuerten Förderkriterien nun mit 01.01.2009 – rechtzeitig zum Beginn des Kulturhauptstadtjahres Linz 2009 – in Kraft.

In Zukunft sollen Werke mit einem Pauschalaufschlag von zusätzlichen 10% über dem von der Stadt erarbeiteten Fördervorschlag unterstützt werden, die unter einer freien Lizenz (wie z.B. Creative Commons) zugänglich gemacht werden. Konkret müssen FörderwerberInnen folgender Verpflichtungserklärung zustimmen, um in den Genuss der erhöhten Förderung zu kommen:

„Ich erkläre, UrheberIn des Werkes zu sein und über die Urheberrechte am geförderten Werk zu verfügen. Ich erkläre mich bereit, nach Förderungszuerkennung durch die Stadt Linz und spätestens fünf Wochen nach Fertigstellung des Werkes dieses unter einer freien Lizenz im Internet zu veröffentlichen und veröffentlicht zu halten. Ich behalte mir das Recht der Urhebernennung und die Einschränkung der Werknutzung auf nichtkommerzielle Zwecke in jedem Fall der Veröffentlichung vor.

Auf der Homepage Stadt Linz finden sich die genauen Richtlinien für die Kulturförderung, inklusive einem Informationsblatt (PDF) zum Thema freie Lizenzen. Auf diesem findet sich auch ein Hinweis darauf, dass „KünstlerInnen, die bereits einen Vertrag mit einer der jeweils spartenspezifischen Verwertungsgesellschaften abgeschlossen haben (Austro Mechana, AKM, Literar Mechana, VBK, VAM, VBT u.a.) abgeschlossen haben, in keinem Fall berechtigt sind, Verträge über Creative Commons Lizenzen abzuschließen. Sie bleiben damit von der Möglichkeit einer erhöhten Förderung ausgeschlossen.“ Es ist also an der Zeit, dass die Verwertungsgesellschaften ihren Mitgliedern die Nutzung freier Lizenzen zumindest für Teile ihrer Arbeit zugestehen.